EU: Weg frei für Mediation bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten
Berlin, 28. Februar 2008
Der europäische Rat der Justizministerinnen und -minister hat heute in Brüssel den Vorschlag für eine „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen“ beschlossen (sog. Mediationsrichtlinie). Die Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten durch Mediation wird damit in der Europäischen Union attraktiver.
„Damit ist der Weg frei für eine baldige Verabschiedung der Richtlinie durch das Europäische Parlament“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. „Wir haben die Arbeiten an der Mediationsrichtlinie unter deutscher Ratspräsidentschaft im vergangenen Jahr erheblich vorangetrieben. Daher freue ich mich besonders, dass die Richtlinie nun bald in Kraft treten kann.“
In einem Mediationsverfahren wenden sich die Parteien, anstatt sofort die Gerichte anzurufen, an einen speziell geschulten Mediator. Dieser unterstützt die Parteien im Verhandlungs- und Einigungsprozess. Eigene Lösungsvorschläge unterbreitet er aber nicht. Vielmehr versuchen die Parteien selbst, sich über ihre Interessen klar zu werden und Lösungen zu entwickeln, um ihren Konflikt eigenverantwortlich und interessengerecht beizulegen.
Bürgerinnen und Bürgern, die sich für die Mediation als außergerichtliches Verfahren zur Konfliktschlichtung entscheiden, dürfen daraus keine Nachteile gegenüber Parteien erwachsen, die ihren Streit vor Gericht austragen. Die Mediation soll eine gleichwertige Alternative zum Gerichtsverfahren darstellen. Deshalb müssen auch bei der Mediation bestimmte Verfahrensgarantien gewährleistet sein und Vereinbarungen aus einer Mediation müssen, wenn erforderlich, auch vollstreckt werden können. „Bisher musste sich eine Partei genau überlegen, ob sie wirklich einen Mediationsversuch in grenzüberschreitenden Streitigkeiten wagen sollte, weil sie aufgrund der unterschiedlichen Systeme in den Mitgliedsstaaten befürchten musste, dass während des Verfahrens Verjährungsfristen ablaufen könnten und sie deswegen später nicht mehr den Rechtsweg beschreiten konnte. Die heutige Einigung im Ministerrat beseitigt diese Hemmnisse. Sie gibt einen deutlichen Anreiz, Lösungen zwischen den Parteien durch Mediation statt durch kostspielige und langwierige grenzüberschreitende Gerichtsverfahren zu suchen. Damit leistet die Richtlinie einen wichtigen Beitrag zum Rechtsfrieden und zugleich zur Entlastung der Gerichte“, erklärte Zypries.
Die Richtlinie gilt nur in grenzüberschreitenden Streitigkeiten, also für Mediationen, bei denen die Konfliktparteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten haben, oder aber wenn nach einer im Inland erfolgten Mediation später ein Gericht in einem anderen Mitgliedsstaat angerufen wird.
Die „Richtlinie über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen“ strebt, wie es ihr Name schon sagt, keine umfassende Regelung der Mediation an. Neben einer Definition für den Begriff der Mediation und des Mediators und allgemeinen Aussagen zur Sicherung von Qualitätsstandards macht sie Vorgaben für die Vollstreckbarkeit von Vereinbarungen, für die Vertraulichkeit der Mediation und für den Ablauf von Verjährungsfristen während der Mediation. Die Richtlinie fördert die Mediation für den Fall eines erfolgreichen Verlaufs und verhindert Nachteile im Falle eines Scheiterns. Beispiel 1:
Wenn ein deutscher und ein französischer Bürger eine Streitigkeit im Wege der Mediation lösen und eine Vereinbarung über die Zahlung von 400 € treffen, kann diese Vereinbarung auf Antrag und mit Zustimmung beider Parteien in jedem Mitgliedsstaat der EU (mit Ausnahme Dänemarks) für vollstreckbar erklärt werden. Die Vereinbarung ist damit einem Urteil aus einem anderen EU-Staat vergleichbar, so dass sie in Deutschland oder Frankreich nach einem Anerkennungsverfahren vollstreckt werden kann. Natürlich muss der Inhalt der Vereinbarung rechtskonform sein. So ist zum Beispiel die Übertragung des Sorgerechts von einem Elternteil auf den anderen oder gar auf Dritte auch im Rahmen einer Mediation nicht im Wege einer bloßen Vereinbarung möglich, da derartige Regelungen den staatlichen Gerichten vorbehalten sind.
„Es war uns wichtig, dass die Vollstreckbarkeit nur mit Zustimmung beider Parteien erfolgt, so dass der Grundsatz der Mediation als ein freiwilliges Verfahren gewahrt bleibt“, betonte Zypries.
Beispiel 2:
Scheitert die Mediation, können die Parteien das zuständige Gericht anrufen. Es spielt keine Rolle, ob es sich dabei um ein deutsches, französisches oder das Gericht eines anderen EU-Staates handelt. Ebenso wenig ist von Belang, ob deutsches, französisches oder ein anderes Recht zur Anwendung kommt. Jedenfalls müssen in allen Mitgliedsstaaten rechtliche Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass die anwendbaren Verjährungsfristen nicht während der Mediation ablaufen können. Außerdem muss der Mediator vor dem zuständigen Gericht ein Zeugnisverweigerungsrecht bezüglich aller Informationen haben, die er aus der Mediation heraus erlangt hat. Nur dort, wo zwingende Gründe der öffentlichen Ordnung eine Offenbarung gebieten (z. B. bei einer Gefährdung